Machst Du Dir gerade Sorgen? Um Deine Gesundheit? Die Gesundheit Deiner Lieben? Um Deine Zukunft? Das ist absolut verständlich, und es ist wichtig, dass wir uns mit unseren Sorgen und Ängsten auseinandersetzen. Gerade jetzt, wo die Welt um uns herum leise wird, weil wir aufgrund der umfassenden Shut-Downs zuhause bleiben sollen, haben wir Zeit und Gelegenheit, uns endlich mal um uns selbst zu kümmern. Drücke Deine Gedanken jetzt nicht weg, indem Du in Aktionismus verfällst oder Deinen Geist mit TV-Trash oder Internet-Müll verstopfst, sondern lass auch mal kritische Gedanken zu.

Vor einigen Jahren habe ich ein Schweigeseminar mitgemacht, und es war eine unfassbar wertvolle Erfahrung, wie laut plötzlich die inneren Stimmen geworden sind, als es im Außen still wurde. Ich habe in diesen fünf Tagen so viel über mich gelernt, und konnte so meinen Fokus neu ausrichten. Ich konnte spüren, was ICH wollte, und nicht mehr nur dem folgen, was im Außen von mir erwartet wurde.

Nutze diese Cocooning-Phase, das Ein-Igeln, um Deinen inneren Stimmen zu lauschen, und Dich auch mal mit Deinen „normalen“ Sorgen und Ängsten – jenseits der aktuellen Situation – zu beschäftigen. Baue allerdings gleich von Anfang an vor, damit Du Dich damit nicht direkt in eine depressive Verstimmung manövrierst. Eine gute Methode, um sich Raum zu Reflektieren zu geben, aber zu verhindern, dass uns die Sorgen übermannen, habe ich in meinem Buch/eBook LMAA – 66 Mini-Plädoyers für mehr Mut, Leichtigkeit und Gelassenheit erklärt.

Hier der Text aus Kapitel 17 „Entsorge Deine Sorgen“ (S. 53ff) für Dich als Sonntags-Lektüre 🙂

Im Kern unseres Wesens wollen wir glücklich sein, eine innere Ruhe spüren. Doch oft ist das schwer, weil uns Sorgen drücken. Wir grübeln über Probleme oder Szenarien und rauben uns damit die so ersehnte Gelassenheit.

Da kommt am Freitagnachmittag eine E-Mail vom Vorgesetzen, er müsse dringend etwas mit uns besprechen und melde sich am Montag dazu – und schon laufen die Sorgen-Gedanken übers Wochenende Amok: Lauert die Kündigung, habe ich was vermasselt, wird das Team aufgelöst? Ergebnis: Wir schlafen schlecht, genießen die freie Zeit nicht mehr. Nur um am Montag zu erfahren, dass wir wie besprochen an einer Konferenz teilnehmen können. Oder unsere Kinder melden sich nicht wie vereinbart aus dem Skilager – schon sehen wir uns ins Auto springen und nach Kufstein ins Krankenhaus fahren. Dabei war nur der Akku leer.

Das Nervige dabei ist, dass wir rational genau wissen, dass nichts Schlimmes passiert ist oder passieren wird. Aber wir empfinden es ganz anders. Kein Wunder, denn Sorgen sind ein Gefühl, eine diffuse Angst vor dem, was kommt, ein schlagartig einsetzendes Unwohlsein. Und weil Sorgen nicht über die Ratio kommen, helfen auch Ratschläge wie „Jetzt stell dich mal nicht so an, du Schwarzmaler!“ oder Mantras aus dem positiven Denken („Alles ist gut!“) keinen Deut weiter.

Die gute Nachricht: Wir sind dem Versinken in Worst-Case-Szenarien nicht hilflos ausgeliefert. Denn Grübeln ist nicht angeboren, sondern gelernt. Erwachsene, die sich heute stark mit Sorgen quälen, haben oft als Kinder verunsichernde Situationen wie Streit, Trennungen oder Todesfälle erlebt, die sie qualvoll ertragen mussten. Erhielten sie hier keinen starken Halt durch einen Erwachsenen, dann retteten sie sich ins Sich-Sorgen und spürten damit eine gewisse Kontrolle über die nicht zu kontrollierende Situation.

Entsorg Deine Sorgen und befrei Dich damit vom hinderlichen Ballast der schweren Gedanken.

Das schaffst Du, indem Du Dich beispielsweise im aeroben Bereich bewegst, sobald die schwarzen Wolken in Deinem Kopf auftauchen. Katastrophen-Szenarien bewirken in unserem Körper, dass unser Herzschlag sich beschleunigt oder wir zu schwitzen anfangen. Geh in diesem Fall mit zügigem Schritt einmal um den Block oder hüpf 30-mal auf der Stelle. Die Bewegung reduziert die körperlichen Stresssymptome und Dein Gehirn glaubt, die Gründe für das Sorgenkarussell seien weg. Beweg Dich mehr, sorge Dich weniger.

Oder mach es wie die eher sorgenfreien Menschen und beschränke Deine Sorgenzeit auf bestimmte Zeiten. Christine Purdon, Psychologin und Leiterin des Forschungszentrums für geistige Gesundheit an der Universität von Waterloo, hat dafür eine Strategie entwickelt, den „Sorgenstuhl“. Sie empfiehlt: Reservier Dir am Tag 15 Minuten, in denen Du in Ruhe über Deine Sorgen nachdenken kannst. Beschränk Dich auf diese 15 Minuten, und verbring diese Zeit immer am selben Ort (deswegen „Sorgenstuhl“).

Stress Dich also nicht damit, nicht mehr grübeln und Dich sorgen zu dürfen, sondern verschiebe es einfach auf später und auf einen festen Platz. Meist stellen wir zur vereinbarten Grübel-Zeit fest, dass sich unsere Sorgen in Luft aufgelöst haben. Nutz Deine Zeit dann dafür, vorzusorgen und aktiv echten Malheurs vorzubauen.

Halt Dir immer wieder Augen: Angst ist nur eine Illusion, sie existiert nicht – Du hast sie erschaffen. Es ist alles nur in Deinem Kopf. „Das Einzige, was wir fürchten müssen, ist die Angst selbst“, sagte einst Franklin D. Roosevelt. Oder halt es wie Abraham Lincoln, der empfahl: „Halt dir jeden Tag 30 Minuten für deine Sorgen frei und in dieser Zeit mache ein Nickerchen.“

Sorgenzeiten – Sorgen-Plätze & Chancen-Zeiten – Chancen-Plätze

Greife die Idee des Sorgenstuhles auf, und drehe sie ein Stückchen weiter. Im Coaching haben wir eine Technik, bei der der Klient sich auf verschiedene Stühle setzt, um verschieden Perspektiven oder verschiedene Rollen einzunehmen. Aufgrund der räumlichen Veränderung (anderer Stuhl) und des anderen realen Blickwechsels verändern wir sehr viel leichter dann auch unseren inneren Blickwinkel und unsere Wahrnehmung.

Chancen-Übung #1: Raum schaffen

Wähle einen Stuhl in Deiner Wohnung aus, den Du zum Sorgenstuhl deklarierst.  Erlaube Dir dort jeden Tag 15 (30?, 45?, 5?) Minuten über Deine Sorgen und Ängste nachzudenken (Timer stellen!). Deklariere einen anderen Stuhl in Deiner Wohnung zum Chancen-Stuhl und erlaube Dir dort so lange Du willst (aber mindestens die gleiche Zeit, die Du den Sorgen gewidmet hast) über aufkommende Chancen nachzudenken.

  • Welche neuen Möglichkeiten stecken in der Situation?
  • Was ist damit möglich, was so vorher nicht ging?
  • Was kannst Du, können wir, aus der Situation lernen für die Zukunft?
  • Was kannst Du in Zukunft anders machen, was ohne die Krise gar nicht denkbar gewesen wäre?
  • Was ist gerade richtig schön in Deinem Leben?
  • Für hast Du endlich Zeit und Energie?
  • Welche neuen Tätigkeiten schafft die Krise?
  • Was kannst Du mit gutem Gewissen jetzt in der Krise beenden, was Du schon lange beenden wolltest?

Nimm Dir dazu gerne Zettel und Stift und notiere Deine Gedanken.

Chancen-Übung #2: Zeit schaffen

Wenn Du keine extra Plätze für Deine Gedankenspiele belegen willst, dann mache das zumindest mit Deiner Zeit. Seit Tagen gehen mein Mann und ich beispielsweise jeden Tag eine Stunde laufen (in Bayern dürfen wir das Haus für Sport verlassen). In den ersten 30 Minuten schütten wir uns gegenseitig das Herz aus, reden über aufgekommende Probleme oder Sorgen, ab der Hälfte der Strecke switchen wir bewusst für die nächsten 30 Minuten auf positive Themen.  Die ersten Tage hat das noch nicht so gut geklappt, weil unsere Köpfe natürlich voll waren von Corona, Corona, Corona, aber mittlerweile läuft es richtig gut. Das Sprechen über Chancen, Möglichkeiten und positive Aspekte hat den großen Vorteil, dass wir in einer positiven Laune wieder nach Hause kommen. Und wer positiv gestimmt ist, kann die realen Schwierigkeiten deutlich leichter und besser stemmen, als wenn Du down bist.

Wie ist Deine Erfahrung? Kennst Du solche Möglichkeiten, Deine Gedanken zu steuern? Für was nutzt Du sie? Ich freue mich auf Eure Kommentare.

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