Hermann Scherer, Serien-Gründer, Querdenker, Ausprobierer. Soeben erschien sein neues Buch „Schatzfinder“. Ich traf ihn beim Führungskräftesymposium 2013 in München und nutze die Gelenehti für ein Interview.

Hermann, Dein Buch sagt im Untertitel „Warum manche das Leben ihrer Träume suchen – und andere es längst leben“. Welches sind für Dich die drei Hauptgründe, was machen die „Finder“ anders als die „Sucher“?

Die Finder haben erstens eine höhere Lebensintensität. Denn wir sterben ja nicht zu früh, sondern wir leben zu wenig. Zweitens leben sie selbstbestimmt, statt fremdbestimmt. Und drittens haben Finder am Ende ihres Lebens eine geringere Reue-Quote.

Was heißt das: Reuequote?

Wir bereuen ja am Ende unseres Lebens nicht die Dinge, die wir getan haben. Sondern vor allem die Dinge, die wir nicht getan haben. Und hier haben die Finder einfach viel mehr Chancen genutzt, viel mehr getan, viel mehr ge- und erlebt.

Warum tun sich so viele Menschen schwer, z.B. selbstbestimmt zu leben?

Viel liegt dabei an unserem Erziehungssystem von Eltern, Schulen und anderen Institutionen. Und dann ist es mangelnder Mut und unsere Fähigkeit, uns immer beschränkende Bedingungen auszudenken, die gar nicht wirklich existieren. Wir sind äußerst intelligent darin, Gründe für oder gegen etwas zu suchen. Wobei uns immer mehr Gründe dagegen einfallen.

Ja, viele Menschen sagen dann auch, „Oh, so gut hätte ich es auch mal gerne!“ oder „Dem ist der Erfolg in den Schoß gefallen!“. Mir hat Deine Aussage (S. 141) sehr gut gefallen „Wir waren, als wir gestern die Weichen für heute gestellt haben, nicht bereit, einen anderen oder höheren Preis zu bezahlen als diesen.“ Was meinst Du damit?

Wir machen unser ganzes Leben lang Deals. Erfolgreiche Menschen tauschen dabei einfach besser. Sie tauschen Zeit in Wissen, Zeit in Erfahrungen, Zeit in Geld und dann tauschen sie Geld in Abenteuer, Spaß oder in ein Sabbatical. Am Ende ist der glücklicher, der gut getauscht hat. Und andere waren eben nicht bereit den Preis für ein erfülltes Leben zu zahlen. Wir sind Schnäppchenjäger des Lebens, weil wir die Dinge nutzen, die vermeintlich super sind. Lieber fahren wir zehn Kilometer, weil es dort die Gurken heute im Sonderangebot gibt, als die verfahrene Zeit mal mit unserer Lebenszeit zu verrechnen. Das macht den Unterschied zwischen glücklichen und zufriedenen Menschen aus.

Hermann Scherer „Mein Leid ist es, Chancen zu sehen.“

Du wirkst glücklich und zufrieden. Welchen Preis hast Du dafür bezahlt?

(lacht). Nein, ich bin unzufrieden. Immer wieder. Glücklich über das neue Buch – und ein Rechtschreibfehler darin macht mich sofort komplett unzufrieden. Das hätte ich besser machen können! Und mein Leid ist es, Chancen zu sehen. Dann investiere ich sehr viel. Zeit, Energie, Aufmerksamkeit. Und ich bin risikofreudig. Bei mir gibt es nur „an“ oder „aus“. Ich bin jenseits vom Mittelmaß – das heißt mal top und mal flopp. Ich probiere viel und kenne das Leben im Luxus wie auch das Leben ohne irgendetwas.

Viele Kreative-Chaoten – also Ideensprudler, Querdenker, Neue-Wege-Geher – sind richtige Bunte Vögel, die bereits viel in ihrem Leben gemacht haben. Welche Stationen waren es bei Dir? Auf Deiner Website steht „er baute mehrere eigene Unternehmen auf, wurde vom Herausforderer der Branchengrößen zum Marktführer“. Gib uns ein paar Details dazu!

Ich habe die Scherer Lebensmittelgroßmärkte aufgebaut, ein Vertriebsunternehmen für medizinische und ophthalmologische Produkte, also Augenheilkunde, gegründet, mehrere Verlage, einen Kochbuch-Verlag, einen Versandhandel, die Referentenagentur „Unternehmen Erfolg“. Der Hintergrund dafür war, dass ich lange Zeit das Ziel hatte, jedes halbe Jahr eine neue Firma zu gründen. Ich bin überzeugt, jedes Problem, das Dir heute begegnet, ist eine noch nicht gegründete Firma.

Wie hast Du das gemacht?

Ich bin immer mit 5.000 gestartet, erst 5.000 Mark, dann 5.000 Euro. Und haben einen Praktikanten eingesetzt. Und nach ein paar Monaten haben wir dann gesehen: top oder flopp. Dabei hatten wir dann so „Tops“ wie „Unternehmen Erfolg“ mit ein paar Millionen Umsatz heute, oder die ophthalmologische Firma, die wir verkauft haben.

Ein Unternehmen gründen mit Praktikant – klingt sehr kreativ-chaotisch….

Ja (lacht). Wobei die Praktikanten nicht arbeiten durften.

Das musst Du erklären!

Sie sind in meinem Kopf spazieren gegangen. Ich habe ihnen jeden Montagmorgen meine Sorgen und Nöte erzählt, beispielsweise, dass ich mal mit Bill Clinton zum Abendessen gehen will. Wir haben dann Ideen gesponnen und letztendlich Clinton angerufen und für ein Zukunftsforum in Augsburg gebucht. Das war 2001 und wir haben einen sechsstelligen DM-Betrag für ihn investiert, 5 500 Gäste sind gekommen. Dazu habe ich mit meinem Speaker-Kollegen Jörg Löhr die „Bill Clinton G.B.R.“ gegründet, die wir danach wieder zugemacht haben.

Hermann Scherer „Ein Angestellter gibt immer einen Teil seiner Freiheit auf.“

Viele „Bunte Vögel“ mit ähnlich kreativen Ideen und unkonventionellen Lösungen, die angestellt sind, sagen, dass ihre Talente einfach nicht wirklich gefragt sind in den Unternehmen und sie immer wieder an die Decke knallen. Wie siehst Du das und welchen Tipp hast Du für sie?

Ja, ich sehe es genauso. Und ich empfehle ihnen: Kündigen Sie! Ein Angestellter gibt immer einen Teil seiner Freiheit auf, dafür hat er weniger Verantwortung. Freiheit und Verantwortung gehören zusammen – je mehr Freiheit, desto mehr Verantwortung. Da muss ich mich entscheiden, was mir wichtiger ist.

Also 5.000 Euro nehmen, einen Praktikanten und tschüss?

Nein. Bauen Sie sich zwei Welten auf – es ist nicht sinnvoll zu kündigen und dann vor dem Nichts zu stehen. Bauen Sie sich neben dem Job eine Selbständigkeit auf, erste Kunden und dann wagen Sie den Sprung.

Was ist Dein nächstes Ziel?

Ein gutes Buch schreiben.

Hermann Scherer in drei Worten?

Verliebt ins Leben.

Hermann, herzlichen Dank für das Interview!

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