Kennst Du den Begriff „Handy-Nacken“?

Den haben Mediziner vor einigen Jahren erfunden, als Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule bei vielen Menschen massiv zulegten.

Kein Wunder, denn wer über Stunden wie festgefroren auf Smartphone oder Tablet starrt, bei dem zerren aufgrund der um 45 Grad geneigten Kopfhaltung rund 20 Kilo* Gewicht am Hals. (*Quelle aller Angaben: Lass Mal Alles Aus, Wie Du wirklich abschalten lernst, S. 58ff.) Dieses Gewicht entspricht einem vollen Kasten Bier! Schauen wir gerade nach vorne, dann trägt unser Hals lediglich das reine Kopfgewicht von rund fünf Kilogramm.

Handy-Nacken

Gewöhne Dir also gleich am besten an, das Handy auf Augenhöhe zu nutzen und zwischendurch immer mal wieder den Nacken und die Schultern zu lockern. Kein Problem ist diese Haltung nämlich, wenn wir die Zusatzbelastung für Nacken, Bandscheiben und Gelenke nur kurzzeitig haben und dann wieder entspannen oder lockern. Weil der deutsche Homo digitalis allerdings täglich 1,6 Stunden mobil online ist – unter 30-Jährige sogar mehr als drei Stunden –, werden die Schmerzen schnell chronisch. Leseratten kennen diese Nackenschmerzen, die häufig auch Kopfschmerzen nach sich ziehen. Ein US-Arzt prägte 2003 den Begriff „Hogwarts Headache“ (Hogwarts-Kopfschmerzen), weil der fünfte Harry Potter-Band mit 870 Seiten richtig dick ist und einige – ansonsten völlig gesunde – Kinder vom gebannten Lesen Kopfschmerzen bekamen. Jedoch hätten sie alle stundenlang Harrys jüngste Abenteuer gelesen – zwei davon auch noch auf dem Bauch liegend.

Ja, auch unsere Zwangshaltung vor dem PC-Bildschirm ist keineswegs gesund. Das zeigte eindrucksvoll eine Studie der Uni San Diego. Dort wurden neu eingestellte, körperlich gesunde Bürokräfte untersucht. Sie hatten im vergangenen Jahr keine Nackenbeschwerden gehabt und arbeiteten in ihrem neuen Job mindestens 22 Stunden pro Woche am Bildschirm. Nach einem Jahr hatte sich jeder fünfte Studienteilnehmer wiederkehrende Nackenschmerzen eingehandelt.

SMS-Daumen oder „WhatsApp-Krankheit“

Häufig kommt dann noch ein „SMS-Daumen“ dazu – im englischen Sprachraum heißt er „WhatsApp-Krankheit“. Ausgelöst durch häufiges Tippen auf dem Touchscreen handeln wir uns eine schmerzhafte Sehnenscheidenentzündung ein, die sich über den gesamten Unterarm ziehen kann. Typisches Alter der Betroffenen: 15 bis 25 Jahre. Bei Versicherten der IKK Südwest haben sich die Fälle von krankhaftem Handgelenksverschleiß, besonders des Daumens, in den vergangenen vier Jahren verdoppelt, bei den 21- bis 30-Jährigen haben sich die Fälle von Arthrose der Hand sogar verfünffacht!

Übungen, um gesund zu bleiben

Ob vor dem Smartphone, am Schreibtisch oder über den Büchern – mit ein paar kleinen Übungen können wir die Schmerzen lindern, den Handy-Nacken verhindern und eine Überlastung der Halswirbelsäule vermeiden.

Lege regelmäßig (zwei- bis dreimal pro Stunde) Pausen ein und mache Lockerungsübungen:

  • Bewege locker den Kopf von rechts nach links, wie wenn Du „nein“ sagst.

  • Senke sanft das Ohr zur jeweiligen Schulter, bis Du ein (sanftes!) Ziehen in der Halswirbelsäule spürst.

  • Kreise DeineSchultern locker zehnmal nach vorne und dann zehnmal nach hinten.

  • Ziehe die Schulterblätter am Rücken zusammen und senke das Kinn auf die Brust. Halte diese Position für 30 Sekunden. Dann lockern.

Achte auf eine gute Haltung beim Sitzen:

  • Sitze mit entspannten Schultern gerade am Schreibtisch und stelle die Füße am Boden nebeneinander.

  • Im Idealfall liegt die oberste Bildschirmzeile unterhalb der Augenhöhe. Nutze dazu sofern möglich höhenverstellbare Stühle und Bildschirme.

  • Stehe alle 20 bis 30 Minuten auf und bewege Dich kurz. Das fördert dynamisches, rückenfreundliches Sitzen.

  • Durch langes Sitzen verkürzt sich häufig die rückseitige Oberschenkelmuskulatur. Dehne sie deshalb immer mal wieder.

WhatsApp-Daumen? Diese Dehungsübungen helfen:

  • Drücke Daumen und Zeigefinger der gleichen Hand zu einem Kreis zusammen und übe Druck aus. Zu Beginn tut das (wenn Du bereits an einem WhatsApp-Daumen leidest) ziemlich weh. Druck 30 Sekunden halten, dabei tief ein- und ausatmen. Druck lösen. Nach ein paar Tagen wird es besser, versprochen 🙂

  • Mit der anderen Hand den Punkt über dem schmerzenden Daumen auf der Handinnenseite drücken (da, wo der Daumenmuskel beginnt =  „Muskelmaus“). Druck erhöhen, so gut es aushaltbar ist. Druck für 15 Sekunden halten – Atmen nicht vergessen! Druck lösen. Atmen.

  • Spiel immer mal wieder zwischendurch zur Lockerung „Luftklavier“ mit allen 10 Fingern.

Bewege Dich auch im Alltag mehr:

  • Stärke Deine  Muskulatur indem Du ein- bis zweimal in der Woche Sport treibst. Gut geeignete Sportarten gegen Rückenschmerzen sind Schwimmen, Pilates, (Nordic) Walking oder Yoga.

  • Stärke gezielt den Rücken durch Übungen wie z.B. vom Boden in die Brücke drücken und 30 Sekunden halten (geht auch gut auf dem Fußboden vor dem Fernseher) oder auf dem Bauch liegend Trockenschwimmen.

  • Denke unbedingt auch an Deine Bauchmuskeln! Schmerzen im unteren Rücken kommen häufig durch eine zu schwache Bauchmuskulatur. Erinnere Dich an die Sit-ups? Go for it! 🙂

  • Und die gute Nachricht: viele leicht umzusetzende Alltags-Aktivitäten stärken ebenfalls die Rückenmuskulatur. Treppen gehen (statt Rollstreppe), Radl fahren oder zu Fuß gehen statt Auto fahren.

Bleib gesund!
Wie hältst Du Deinen Rücken fit? Ich freue mich auf Deine Erfahrungen.

Teile gerne diesen Artikel in Deinen sozialen Medien