Petra Bock lernte ich bei einer Preisverleihung im Berlin kennen. Zufall oder Schicksal? Auf dem Nachttisch meines Berliner Hotels lag gerade ihr damals neu erschienenes Buch „Nimm das Geld und freu dich dran“ und wartete darauf, fertig gelesen zu werden. Wir nutzten den Abend für ein ausführliches Gespräch am Rande der Preisverleihung über Geld, Biotope und Selbstwertgefühl.

? Petra, hast Du selbst genug Geld?

Petra Bock: Ja, ich kann mir den Lebensstil leisten, den ich haben möchte und baue Vermögen auf. In meinen Zwanzigern war das anders. Da habe ich mir oft mehr geleistet, als ich mir leisten konnte. Der Abstand zwischen meinen Wünschen und meinen tatsächlichen Möglichkeiten war einfach zu groß…

? Warum tun sich viele von uns so schwer, richtig gutes Geld zu verdienen?

Weil sehr viele kein gutes Verhältnis zu Geld und zum Wert ihrer Arbeitsleistung haben. Ich habe bei meiner Arbeit drei Grundmuster entdeckt, die hinter buchstäblich jedem Geldthema verborgen sind. Der eine Glaubenssatz ist „Ich habe es gar nicht verdient“, der andere ist „Ich bin nicht gut genug, genügend Geld zu verdienen“ und der dritte ist „Die Welt ist schlecht – es ist viel zu schwer heute Geld zu verdienen“. Wer mit diesen Grundmuster zu tun hat oder insgesamt im falschen Job ist, also einem Beruf, der nicht zu den eigenen Talenten und Fähigkeiten passt und keinen Spaß macht wird sich schwer tun. Eine andere Thematik ist, dass viele sich nicht genug informieren, wie die Welt da draußen im Beruf funktioniert und was man tun muss, um erfolgreich zu sein. Schul- oder Ausbildungswissen reicht leider nicht mehr.

„Wer perfekt ist, kann aufhören.“ (Petra Bock)

? Viele Kreative Chaoten sind absolute Perfektionisten. Kann es daran liegen, dass wir uns oft nicht trauen, für unsere ja nicht wirklich messbare Leistung Geld zu verlangen?

Ja, viele bekommen sogar Angst, wenn sie ein höheres Honorar angeboten bekommen. Ich habe einmal mit einer sehr guten Moderatorin gearbeitet, die nur dann Spaß an einem Auftrag hatte, wenn das Honorar nicht so hoch war, denn nur dann hatte sie den Eindruck, entspannt und ohne Druck arbeiten zu können. Was steckt dahinter? Die Vorstellung, dass man für einen gut bezahlten Auftrag perfekt sein muss. Perfektion ist so ziemlich der größte Einkommenskiller, den es gibt. Der heißt nämlich für die meisten: Ich halte mich finanziell klein, bis ich perfekt bin. Erst dann habe ich verdient, gutes Geld zu verdienen und bin auch gut genug. Das ist natürlich ein fataler Irrtum. Perfektion erreichen auch die größten Profis nicht. Denn Perfektion bedeutet, dass etwas, wie das Wort sagt, perfekt, d.h. vollendet, und damit nicht mehr wachstumsfähig ist. Was perfekt ist, ist im Grunde tot. Es beschäftigt uns vielleicht eine kurze Weile, weil wir es bewundern. Und dann wenden wir uns wieder den lebendigen Dingen zu. Und die sind nicht perfekt. Nur was nicht perfekt ist, kann sich weiter entwickeln und nur der Mensch, der noch berufliches Potenzial hat, kann sein Einkommen nachhaltig steigern. Arbeitgeber oder Auftraggeber zahlen die Leistung und das Potenzial das jemand mitbringt. Und das ist gutes Geld wert. Wer perfekt ist, kann aufhören.

? Wie kann man konkret so ein neues „angemessenes Leistungsbewusstsein“ erarbeiten? Welche Übung können wir dazu machen? Wie geht das konkret?

Der perfektionistische Blick ist ein sehr bösartiger. Er wendet sich gegen sich selbst, aber auch gegen andere. Beobachten Sie sich dabei, was Sie an anderen bemerken: Sind es zuerst die Fehler oder das, was ein Mensch gut macht oder an Gutem ausstrahlt? Die einfachste Übung gegen Perfektionismus und für ein angemessenes Leistungsbewusstsein ist, sich in Großzügigkeit sich selbst und anderen gegenüber zu üben und den Blick auf die Dinge zu richten, die gelingen, statt auf die, die schief gehen oder eben nicht perfekt sind. Was habe ich heute gut gemacht? Worin bin ich heute vorangekommen? Welche Herausforderung habe ich heute angenommen? Was habe ich vor 10 Jahren verdient? Wie viel ist es heute? Die meisten werden sich wundern, wie toll sie ihr Einkommen schon verbessert haben, ohne es recht zu bemerken. Es kostet am Anfang eine Menge Kraft, nicht weiter nach dem zu fragen, was nicht gelaufen ist oder besser hätte laufen können. Sehr erfolgreiche Menschen strahlen diese Großzügigkeit aus. Sie konzentrieren sich auf ihre Stärken und das, was ihnen gelungen ist und arbeiten ganz unaufgeregt an dem, was sie noch besser können wollen. Und irgendwann verlassen sie sich ganz auf ihre Stärken ohne an sich oder anderen herumzukritisieren. Richten Sie sich bewusst ein paar innerlich und äußerlich kritikfreie Tage ein. Sich selbst und anderen gegenüber. Sie werden staunen, wie sich Ihre Lebensqualität und Ihre Attraktivität beruflich und privat verbessern. Und halten Sie sich mindestens an diesen Tagen fern von Nörglern und Menschen, die es angeblich nur gut meinen, wenn sie Sie auf Fehler hinweisen. Denn die Qualität Ihres Umfelds ist sehr wichtig für Ihren Erfolg.

? Es liegt also auch massiv an unserem Umfeld, unserem „Biotop“, wie viel wir verdienen?

Ja, in vielerlei Hinsicht. Zunächst haben wir bereits in unseren Ursprungsfamilien viel über Geld und Arbeit gelernt. Vieles davon bringt uns nicht unbedingt weiter. Da müssen wir konsequent aussortieren: Was von dem, was ich zu Hause gelernt habe, ist konstruktiv und bringt mir etwas? Was nicht? Wie will ich es selbst in Zukunft sehen und handhaben? Dann ist es gut sich mit dem Partner und Freunden auseinanderzusetzen: Wie stehen sie zum Thema Geld, Arbeit oder Erfolg. Ist es erlaubt, erfolgreich zu sein oder würden Sie sofort anecken? Je mehr Menschen Sie um sich haben, die Ihre Pläne wohlwollend unterstützen und sich an Ihrem persönlichen Wachstum freuen, desto besser.

„Wenn Sie Geld ausgeben, fragen Sie sich kurz: will ich das jetzt wirklich haben?“ (Petra Bock)

? Wie können wir unser finanzielles Selbstwertgefühl stärken?

Es ist gerade zu Beginn wichtig, dass wir jeden Tag wissen, wie viel Geld wir haben und wie viel wir verdienen. Das ist noch wichtiger als zu wissen, was wir ausgeben. Machen Sie zu Beginn jeden Tag ein Date mit Ihrem Konto. Machen Sie es sich schön und rufen Ihre Daten ab. Ganz entspannt, offen und neugierig. Am Anfang kann das schwer sein, weil wir oft nicht hingucken wollen, wenn wir eine schlechte Bilanz erwarten. Aber mit der Zeit gewöhnen wir uns daran und bekommen einen sicheren Blick für die Einnahmenseite. Worauf wir uns konzentrieren, da geht unsere  Energie hin und dort ändern sich die Dinge zum positiven. Wenn Sie Geld ausgeben, fragen Sie sich kurz: will ich das jetzt wirklich haben? Wenn ja: kaufen. Wenn nein: nicht kaufen. Es gibt ein sehr gutes Gefühl und baut Selbstwert auf, wenn wir merken, dass wir Entscheidungen bewusst und erwachsen treffen. Selbstwertgefühl, auch finanzielles, bauen wir täglich durch unser Denken und Tun auf. Es ist nichts, was wir einfach so in die Wiege gelegt bekommen haben. Die gute Nachricht: wir können eben jeden Tag etwas dafür tun.

? Viele Menschen glauben, dass finanziell erfolgreich zu werden und sein bedeutet, kleinkariert und penibel auf seine Einnahmen und Ausgaben zu achten, Belege zu sortieren und Statistiken zu pflegen. All das sind Tätigkeiten, um das Kreative Chaoten am liebsten einen großen Bogen machen. Ich kenne viele Menschen, die wissen gar nicht genau, was sie eigentlich pro Monat verdienen und haben ein riesen Chaos in ihren Unterlagen. Petra, Du scheinst Deine Finanzen im Griff zu haben und zeigst im Coaching auch anderen, wie sie finanziell erfolgreich werden können, indem Du Muster und Glaubenssätze sichtbar machst. Welche Deiner kreativ-chaotischen Talente helfen Dir da am meisten?

Finanzieller Erfolg hat nichts damit zu tun, penibel zu sein. Penible Menschen haben zwar oft den Vorteil, dass sie bewusster und damit weniger Geld ausgeben – sie tun sich aber oft schwerer mit dem Verdienen. Klein und zu strukturiert zu denken hindert, wenn es darum geht, kreative Projekte zu entwickeln und groß zu denken. Kreative Chaoten profitieren, wenn sie all die Stärken, die sie haben, spielerisch auf das Thema Geld anwenden: Wie könnte ich mir mein Date mit meinem Konto besonders angenehm machen? Was könnte ich noch tun, um neue Einkommensquellen zu erschließen? Wer könnte mir dabei helfen? Was brauchen die Menschen da draußen wirklich? Wichtig ist gerade für Kreative Chaoten, dass sie, wenn sie ihre Finanzen verbessern wollen, die Entscheidungen darüber, was sie an einem Arbeitstag tun oder lassen, auch unter diesem Gesichtspunkt sehen: Trägt das, was ich heute tue zu meiner Lebensqualität u n d zu dem Wohlstand bei, den ich mir wünsche und den ich verdient habe?  Wenn ja: unbedingt reinstürzen. Wenn nein: damit aufhören. Unsere Lebenszeit ist das Wertvollste, was wir haben.

? Liebe Petra Bock, herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Interview mit Petra Bock führte ich im August 2009.

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