Nein sagen!

Fällt Dir das leicht?

Vielen Menschen fällt das überhaupt nicht leicht.

Klar, in vielen Situationen wissen wir ganz genau, was wir nicht wollen!

  • Wir wollen am Sonntagnachmittag nicht schon wieder zum Kaffeetrinken zu den Schwiegereltern.
  • Nicht schon wieder im Meeting Protokoll führen.
  • Nicht schon wieder die Mittagspause ausfallen lassen, nur weil es mal wieder „brennt“.

Doch weil sich so viele Vorurteile und Ängste um ein Nein ranken, fügen sich viele Menschen lieber ins „Unvermeidliche“ – und ärgern sich danach gewaltig über sich selbst, dass sie sich wieder mal haben breitschlagen lassen.

Und häufig wollen wir auch nicht „Nein“ sagen, weil wir gemocht werden wollen.

Und das ist ja auch schön!

Bis zu jenem Punkt, an dem das „Nettsein“ an die eigene Substanz geht.

Weil wir viel zu oft „ja“ sagen, obwohl wir lieber „nein“ sagen würden.

  • Weil wir beim Umzug helfen, obwohl wir eigentlich (!) todmüde sind und uns ein Samstag auf der Couch viel besser tun würde.
  • Weil wir noch ein Projekt übernehmen, obwohl die Tage eh schon aus allen Nähten platzen.
  • Und eigentlich sehnen wir uns nach frei sein. Frei machen. Luft haben. Zum Leben.

Und obwohl wir alle wissen, wir müssten einfach nur „Nein“-Sagen, kommt dieses Wörtchen mit den vier Buchstaben viel zu selten über unsere Lippen: NEIN!
Selbst dann nicht, wenn wir schon buchstäblich aus dem letzten Loch pfeifen.

Aber – tadaaaaa: es gibt eine Möglichkeit, dem ganzen Schlamassel ein Ende zu setzen! In diesem Artikel bekommst Du 6 praktischen Tipps, mit denen Dir das „Nein-Sagen“ ab sofort sicher gelingt.

Woher ich weiß, dass es Dir gelingen wird? Vor einigen Jahren habe ich die FREI-Tags-Challenge ins Leben gerufen, um sich an diesem Tag zumindest von IRGENDETWAS in unserem Alltag zu befreien. Jede Woche gab es – und gibt es jetzt wieder – einen kleinen Impuls, zu was die Leser*Innen „nein“ sagen könnten, welche Aufgaben streichen. Da geht es mal darum, den „Gas-Effekt“ zu nutzen. Oder auch, wogegen man sich heute abschirmen könnte – passend zum Tag des Regenschirms :-). Und die starke Beteiligung in den Kommentaren hat bewiesen: ja, wir können „Nein sagen“ lernen und trainieren.

Mit den folgenden Tipps und Impulsen kannst auch Du es schaffen, öfters mal nein zu sagen. Versprochen!

Aber vorab: Warum sagen wir denn so häufig „ja“, obwohl wir das „eigentlich“ gar nicht wollen???

Nein-Sagen – Besonders für Kreative Chaoten eine Challenge

Warum wir häufig Ja sagen, obwohl ein Nein viel sinnvoller wäre, hängt auch davon ab, wie wir ticken. Kreative Chaoten sind hilfsbereite Menschen, und je mehr ihre Tendenz zum Unterstützer ausgeprägt ist, desto eher kümmern sie sich lieber um die anderen Menschen als um sich selbst. Das ist einerseits ein sehr schöner zwischenmenschlicher Zug, aber es kann eine fatale Wirkung haben. Dann nämlich, wenn Du permanent die eigene Arbeit liegen lässt und dadurch selbst zu spät fertig wirst oder ständig Überstunden machst.

Der kreative Chaot mit Tendenz zum Ideen-Sprudler sagt aus ganz anderen Gründen viel zu selten Nein. Der Ideen-Sprudler ist ein Überflieger. Er ist ständig daran interessiert, etwas Neues anzupacken, und ist voller Selbstvertrauen, es mit links zu schaffen. Man kann nicht auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen? Aber klar! In den meisten Fällen reihen sich die vielen Aktivitäten wie Perlen auf einer Schnur, aber gleichzeitig überschätzt er oft maßlos seine eigenen Ressourcen, seine Zeit und Energie und erkennt Überschneidungen zu spät.

Freilich: manche Menschen haben überhaupt kein Problem damit, einfach Nein zu sagen. Aus meiner langjährigen Erfahrung in Seminaren und Coachings ist das sehr häufig bei Dr. Annalyse Logisch und Ottmar Ordentlich der Fall. „Wenn ich was nicht will, dann sage ich das doch gleich ganz klar,“ sagte neulich ein Seminarteilnehmer – während die Hanni Herzlichs im Raum ihn verwundert anschauten.

Nein-Sagen – Der psychologische Aspekt

Entdecke Deine typischen Situationen, in denen Du ein schnell ausgesprochenes Ja sagst oder in denen Du quasi automatisch funktionierst. Denn selbstverständlich spielen noch sehr viel mehr Faktoren rein, als nur unsere Präferenzen, wenn es um eine klare Ja-oder-Nein-Entscheidung geht.

Ob wir eher leicht oder nur schwer „Nein“ sagen können, hängt ab…

  • vom Erziehungsstil unserer Eltern

  • von unserem Selbstwert

  • von unserer Achtsamkeit unseren eigenen Wichtigkeiten gegenüber (weiß ich überhaupt, was ICH will?)

  • von unseren Glaubenssätzen und Überzeugungen („Nein sagen gehört sich nicht!“)

  • vom Grad der „Verpflichtung“, die wir verspüren. Beispiel: viele Menschen können Geschenke und Gefälligkeiten nicht annehmen, ohne eine Gegenleistung erbringen zu wollen. Manche Organisationen nutzen dies aus. Sie verschicken Spendenappelle mit kleinen persönlichen Geschenken (zum Beispiel Adressaufkleber) und bringen Dich dadurch in Zugzwang, als Gegenleistung Geld zu geben. Lasse Dich nicht manipulieren! Niemand ist gezwungen, Dir etwas zu schenken! Erkenne solche Maschen und sagen einfach: „Danke!“

  • wer uns um einen Gefallen bittet oder uns eine Aufgabe gibt (Vorgesetzte, Autoritätspersonen)

  • vom Bild von uns selbst, dem wir gerne gerecht werden wollen

  • von unseren Ängsten (z.B. die Angst, dass man die eigenen Aufgaben aufgrund mangelnder Fähigkeiten nicht schafft, und damit die Angst vor dem Versagen)

Jeder von uns hat bestimmte „Knöpfe“. Und werden die von den anderen gedrückt – bewusst oder unbewusst- dann springen wir automatisch 🙁

Übung:
Beobachte Dich in den kommenden Tagen bewusst oder lasse frühere Situationen Revue passieren und schauen unter welchen Umständen, in welchen Situationen Du Dich schneller in ein „Ja“ reintreiben lässt, als Du willst. Hast Du typische Verhaltensmuster erkannt, dann kannst Du in Ruhe Gegenstrategien austüfteln und verhindern, dass Du künftig wieder und wieder kalt erwischt wirst. Um mehr Klarheit und Sicherheit zu bekommen, kannst Du Dir dabei Unterstützung in meinem Online-Kurs “Innere Saboteure zu Freunden machen“ holen.

Innere Saboteure zu Freunden machen

Nein-Sagen – Everybodys Darling is Everybodys Depp

Wir denken immer, wer Ja sagt und überall mitmischt, sei beliebt und gefragt. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist die Ironie des Schicksals: Oft sagen wir Ja, weil wir uns beliebt machen und Konflikten aus dem Weg gehen wollen. Aber wenn wir (übermüdet und überlastet) diese Aufgabe halbherzig, nachlässig oder sogar gar nicht erledigen, erwecken wir den Eindruck, wir seien unzuverlässig, achtlos oder sogar unfähig. Und dann haben wir erst recht einen Konflikt provoziert.

Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, was passiert, wenn Du Ja sagst, obwohl Du Nein meinst? Wenn Du zähneknirschend eine Aufgabe übernimmst, die Du gar nicht machen willst? Wenn Du keine Erholungszeiten mehr hast, weil Du von dem Wunsch getrieben sind, es immer allen recht zu machen? Oder weil Du von der Lust auf Neues verführt, mehr Projekte angenommen haben, als Dir guttut?

Das Resultat ist: Du wirst diese Aufgabe oder diesen Termin nicht so gut erledigen, wie Du es gewöhnlich tun würdest!

Denn sei ehrlich: Das Ergebnis ist besser, Wenn Du mit Ruhe, aus vollem Herzen und mit Leidenschaft bei der Sache bist.

Wer zur rechten Zeit Nein sagt – oder schweigt –, der kann in bestimmten Situationen mehr Zeit gewinnen!

Möchtest Du das Amt des Elternbeirats in der Schule der Tochter übernehmen? Nein! Glückwunsch. Du hast Dir soeben rund 90 Stunden Arbeitseinsatz fürs Ehrenamt gespart 😊

Nochmals: es geht hier nicht darum, dass wir ab sofort nicht mehr helfen, uns nicht mehr engagieren oder für andere da sind!

Nein! Es geht darum, dass Du bewusst entscheidest: will ich – oder will ich nicht?

Nein sagen - manchmal eine schwierige Entscheidung

Studien haben gezeigt, dass selbstbewusste Menschen die beliebtesten sind. Und zu Selbstbewusstsein gehört auch, klar dazu zu stehen, was ich will und was ich nicht will. Menschen, die Nein sagen und Grenzen setzen, werden von ihren Mitmenschen mehr respektiert. Menschen, die sich hingegen alles aufbürden lassen, werden im Laufe der Zeit als die immer bereiten braven Helferlein gerne ausgebeutet.

Nein-Sagen – Vier triftige Gründe um Nein zu sagen

  • Grund #1: Ein bewusstes Nein macht Deine Zusagen in anderen Situationen wertvoller. Deine Mitmenschen wissen, wenn Du Ja sagst, dass Du auch voll dahinterstehst und sie sich auf Dich verlassen können.

  • Grund #2: Menschen, die klare An- und Absagen machen, werden mehr geachtet, weil sie besser einschätzbar sind. Menschen, die Nein sagen, zeigen einen verantwortungsbewussten Umgang mit ihren Ressourcen und sind ein Vorbild.

  • Grund #3: Wer unattraktive Anfragen ablehnt, hat mehr Zeit und Energie für die wichtigen Menschen und Aufgaben.

  • Grund #4: Wer sich Auszeiten nimmt und seine Batterien auflädt, kann mit mehr Elan für die anderen da sein

Wer sich hingegen aus Pflichtbewusstsein immerzu aufopfert, der wird ein übermüdeter, übellauniger Zeitgenosse, der für die anderen Menschen eher eine Zumutung ist als eine wertvolle Stütze.

Interessanterweise können Menschen, die sich trauen, Nein zu sagen, selbst andere Menschen besser um einen Gefallen bitten. Denn sie wissen, dass auch der andere ein Recht auf Ablehnung hat, und das hilft über das Gefühl hinweg, dem anderen nicht zur Last fallen zu wollen. Sie können dem anderen nicht zur Last fallen – denn es ist seine Entscheidung, selbstbewusst Ja oder Nein zu sagen!

Damit schaffst Du eine gute Basis, um Aufgaben zu delegieren und dadurch zusätzliche Zeitinseln für Deine wirklich wichtigen Aktivitäten zu schaffen.

Nein-Sagen – Mit diesen 6 Tipps schaffst Du es souverän und charmant

Leg das schlechte Gewissen ab, das Dir bislang ein Nein vergällt hat. ieb Dir die Chance, aus Deinem Muster auszusteigen. Folgende Ideen helfen.

Nein-Sagen-Idee Nummer 1: Bedenkzeit erbeten

Das Wichtigste, um selbstbewusst Ja oder eben Nein sagen zu können, ist Zeit. Lass Dich von Anfragen nicht mehr überrumpeln, sondern nimm Dir die Zeit zum Nachdenken.

Beispiel – sage: „Darüber möchte ich gerne nachdenken. Ich melde mich in einer Stunde (morgen …) wieder.“ Oder: „Das möchte ich mit meinem Kalender abgleichen (mit meinem Partner besprechen …). Ich melde mich gleich wieder. Allein dadurch gewinnt das Gefühl, selbstbestimmt zu agieren und nicht fremdbestimmt zu reagieren 😊

Und Du schaffst Dir den nötigen Freiraum, in dem Du Dich in Ruhe fragst:

  • Will ich diese Aufgabe wirklich übernehmen?
  • Was ist mein Gewinn?
  • Was ist mein Einsatz?
  • Welche anderen Aktivitäten kann ich dann nicht mehr wahrnehmen, was muss ich dafür zurückstellen?
  • Was könnte schlimmstenfalls passieren, wenn ich ablehne?

Nein Sagen-Idee Nummer 2: Vertrösten

Vertröste den Fragesteller, dass es „im Augenblick leider nicht geht“.  Diese Formulierung stellt viele zufrieden, denn sie zeigt, dass Du gern für den anderen da sind, aber dass es eben im Moment oder die kommenden Tage (Wochen) nicht möglich ist. Falls er hartnäckig nachfragt, wann Du wieder Zeit hast, erwidere: „Das kann ich momentan noch nicht abschätzen.“

Wenn Du aber generell mit diesem Menschen nichts (mehr) zu tun haben willst, ist es besser, Klartext zu reden und deutlich zu machen, dass sich Deine Prioritäten verändert haben.

Nein Sagen-Idee Nummer 3: Dumm stellen

Mein Lieblingstipp zum eleganten Neinsagen ist, sich dumm zu stellen.

Kein Mensch zwingt Dich, den Wink mit dem Zaunpfahl bei Äußerungen wie den Folgenden zu verstehen: „Och, ich habe noch diesen Bericht zu machen, den du neulich so schnell hinbekommen hast…“, „Ah, ich müsste mal wieder so dringend zum Sport, aber ich habe keinen, der Mittwochabend auf die Kinder aufpasst.“

Selbst wenn eine ganze Holzhandlung winkt – stell Dich dumm und spring nicht in diese aufgestellte Zeitfalle. Wenn der andere sich nicht traut, geradeaus um Deine Hilfe zu fragen – sein Problem!

Nein-Sagen-Idee Nummer 4: Schlagfertigkeit siegt

Trainiere für überraschende oder dreiste Anfragen Deine Schlagfertigkeit. Überlege Dir zwei bis drei Methoden, die Dir als Abwehrrhetorik gute Dienste leisten können.

In seinem Buch Die Peperoni-Strategie empfiehlt der Autor Jens Weidner bei besonders dreisten Anfragen, ein Nein mit dem Nachsatz zu ergänzen: „Nein. Und denken Sie auch mal genau darüber nach, warum Nein!“ Selbst wenn Dir beim besten Willen kein Argument einfällt – der andere wird so perplex sein, dass er gar nicht nachfragt.

Hartnäckige Anfragen entschärfst Du auch wunderbar mit einem herzhaften Lachen, einem Augenzwinkern und dem Satz: „Strengen Sie sich nicht an, Sie erweichen mich nicht.“

Idee-Nummer 5: Nein-sagen – zuckerfrei kann helfen

Laut einer Studie von Psychologen des Gettysburg College sind Schoko-Liebhaber freundlicher und hilfsbereiter als Nicht-Nascher. Naschkatzen können sich also zurecht als hilfsbereite Menschen betrachten.

Das würde ja im Umkehrschluss bedeuten, dass uns Süßigkeiten anfälliger machen für unser „Nein-Problem“!

Dass wir, wenn wir genascht haben, viel zu nett sind, um Grenzen zu setzen? Das meinte zumindest Linda, eine Speaker-Kollegin aus Maui, die ich im August 2012 in ihrem Haus in den Hawaiianischen Bergen besuchte. Linda hatte eine Zuckerverzichtsphase hinter sich – und war begeistert, wie klare Ansagen sie plötzlich machen konnte.

Probiere es einfach mal aus und verzichte in den nächsten Tagen und Wochen auf Süßes. Das Ergebnis müsste sein, dass Du Deine Interessen besser durchsetzen kannst und ein NEIN leichter über Deine Lippen kommt. Ich freue mich auf Eure Kommentare zu dem Experiment 🙂

Nein-Sagen-Idee Nummer 6: Üben, Üben, Üben

Übe das souveräne Neinsagen zunächst in belanglosen Situationen.

Beim Metzger: Darf es ein bisschen mehr sein? Nein!

Am Bahnhof: Haste mal ’nen Euro für mich? Nein!

Spiele einen Gedanken Situationen mehrfach durch, in denen Du künftig Nein sagen möchtest, oder geh kurz vor einem Gespräch, in dem Du Nein sagen willst, in den Waschraum und sag es dort zu Deinem Spiegelbild. Dann fällt es Dir in der Realität wesentlich leichter.

Lust auf mehr Tipps und Übungen, um Dir mit einem souveränen „Nein“ Zeit zu verschaffen?
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Beitrag frisch aufbereitet im April 2021.

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